Von der Kandidatin zur Mitarbeiterin: Die Willkommensreise

Wir möchten Sie auf eine spannende Reise mitnehmen: Wir haben die vier wichtigsten Elemente zur Schaffung einer außergewöhnlich menschenzentrierten Willkommenskultur zusammengefasst. Aus  ihrer Praxis berichten Cristoph Fabikan und Christine Moore.

In der heutigen Zeit kommt es vermehrt vor, dass vielversprechende Talente im Verlauf des Bewerbungsprozesses abspringen. Bewerbungstermine und Vereinbarungen für Probetage oder den ersten Arbeitstag werden kurzfristig abgesagt oder einfach nicht eingehalten. Immer öfter hört man solche Klagen von Unternehmer:innen und Führungskräften:

“Wir haben einen schriftlich unterzeichneten Arbeitsvertrag und der Mitarbeiter ist am ersten Arbeitstag nicht erschienen, er hat nicht angerufen, und erreichbar ist er auch nicht.”

„Die letzte Bewerberin ist zwischen Bahnhof und Arbeitsplatz verschwunden”. Die neue Mitarbeiter:in hätte am ersten Arbeitstag um 8h in der Firma sein sollen. Um 8:15h haben wir angerufen und gefragt, wo sie steckt. Ihre Rückmeldung, ich bin gerade am Bahnhof und auf dem Weg in die Firma. Sie ist nie bei uns angekommen. 

Aber auch Bewerberinnen und Bewerber beschweren sich: “Die Rückmeldung eines Kandidaten: ich habe zwei Wochen lang nichts vom Unternehmen gehört, deswegen habe ich mich für einen anderen Arbeitgeber entschieden”.

Diese Berichte sind Anzeichen für tiefgreifende Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt. Doch wenn wir uns näher mit den Bedürfnissen der Menschen befassen, wird schnell klar: Dass diese Verhaltensveränderungen ein Ausdruck dessen widerspiegeln, dass wir alle einzigartige Individuen sind, die Anerkennung und Achtung verdienen, das wird immer deutlicher und spürbarer.

Cristoph Fabikan und Christine Moore sind sich aufgrund ihrer Erfahrungen einig: Ein “menschlicher-er” Zugang ist unerlässlich, um eine Willkommenskultur, welche neue Kolleginnen und Kollegen begeistert, in einem Unternehmen erfolgreich zu etablieren.

Eine außergewöhnliche Erfahrung gestalten

Bereits bevor ein Bewerbungsgespräch stattfindet, durchlaufen Bewerber:innen verschiedene Phasen in ihrer “Kandidat:innen Reise. Das Unternehmen muss bereits im Vorfeld als attraktiver Arbeitgeber (Employer Branding) wahrgenommen werden, bevor es zum persönlichen Bewerbungsgespräch kommt. Wenn dann die Erwartungen und Bedürfnisse auf beiden Seiten übereinstimmen, kann eine fruchtbare Arbeitsbeziehung beginnen. An diesem Punkt ändert sich die emotionale Einstellung der Bewerber:innen von potenziellen Kandidat:innen zu zukünftigen Mitarbeiter:innen. Dieser Übergang markiert den Beginn der „Willkommenserfahrung“, einer wesentlichen Komponente eines gelungenen Einarbeitungskonzepts (Oboarding).

Die Phase zwischen einer positiven Arbeitszusage und dem ersten Arbeitstag wird als “Pre-boarding – Vorbereitungsphase” bezeichnet. Ab dem ersten Arbeitstag startet dann die offizielle Orientierungs- & Integrationsphase.

Laut Ben Whitter in seiner Beschreibung einer ‚Truthful Holistic Employee Experience Journey‘ geht es für Arbeitgeber darum, “eine starke und zusammenhängende Willkommenserfahrung zu gestalten, die eine reibungslose Integration in das Unternehmen ermöglicht. Dabei sollen von Anfang an der Beziehungsaufbau zu Kolleg:innen und Teams eingeleitet und rasch zu erreichende Leistungserfolge definiert werden.”

Bei der Gestaltung dieser Willkommenserfahrung sollen neben Prozess- und technologischen Überlegungen auch die Erwartungen der betroffenen Parteien/Menschen eine Rolle spielen.

Aus der Sicht eines neuen Teammitglieds: Wie sollen und dürfen sich neue Mitarbeiter:inen während der Vorbereitungsphase fühlen? Entspannung. Geborgenheit. Sicherheit. Zuversichtlich. Wertgeschätzt. Anerkannt. 

Wie sollen und dürfen sich neue Mitarbeiter:innen am ersten Arbeitstag fühlen? Laut Ben Whitter: Aufgeregt. Selbstbewusst. Willkommen geheißen. Engagiert. Geschätzt.

Wir  möchten an diesem Punkt aber auch die Gefühle und Emotionen aus der Arbeitgeber Perspektive ansprechen.

Aus einer Arbeitgebersicht: Wie soll und darf sich eine Führungskraft während der Vorbereitungsphase fühlen? Zuversichtlich. Engagiert. Zeit nehmend. Kommunikativ. Inspirierend. Vorbildhaft. 

Wie soll und darf sich eine Führungskraft am ersten Arbeitstag fühlen? Freudig. Aufgeregt. Selbstbewusst. Fokussiert.

Und wie ein Unternehmen all das ermöglichen kann, haben wir in nachstehenden  Empfehlungen zur Entwicklung einer außergewöhnlich menschen-zentrierten Willkommenskultur zusammengefasst.

1. Mitarbeitenden mehr Aufmerksamkeit schenken

Cristophs Erfahrungen aus der Beratungspraxis: 

In der Zusammenarbeit mit unseren Kund:innen, zeigen sich bei 8 von 10 durchgeführten Beratungen zum Thema „Identifikation als attraktiver Arbeitgeber“ die gleichen Herangehensweisen und Herausforderungen. Dabei ist der Umgang mit potenziellen Kandidat:innen und zukünftigen Mitarbeiter:innen und den daraus entstehenden Problemen „dass vielversprechende Talente im Verlauf des Bewerbungs- & Eingliederungsprozesses abspringen“ besonders auffällig.

Wie kann hier ein positiveres Ergebnis erzielt werden? Bei unseren Arbeitsmarkt Beobachtungen stellen wir fest, dass sich die Bewerber:innen immer mehr am Verhalten von Konsument:innen in Bezug auf Handlungen, Entscheidungen und Erwartungen orientieren. Infolgedessen hat die Mitarbeiter:innen-Gewinnung immer mehr mit einer Verkaufstätigkeit zu tun. 

Bisher sind Unternehmen ihr Recruiting mit einer Haltung des Einkäufers angegangen – sie konnten sich ihre Bewerber:innen aussuchen. Jetzt müssen sie sich in die Position einer Verkaufs- oder Marketing Position hineinversetzen und überlegen, wie sie ihr Unternehmen bestmöglich anpreisen. Auch der Recruiting- & Eingliederungsprozess muss das berücksichtigen, denn die Bewerber:innen verhalten sich auch hier wie Konsument:innen. Ähnlich wie beim  Onine-Shopping erwarten sie schnelle Rückmeldungen, keine unnötigen Hindernisse (z.B. Motivationsschreiben, “unnötig” Formulare ausfüllen) und, spätestens am ersten Tag, eine individuelle Betreuung mit mehr Aufmerksamkeit entlang des Willkommens Prozesses.

Schenken Sie potenziellen Bewerber:innen und zukünftigen Team-Mitgliedern mehr Aufmerksamkeit als sie es bis jetzt vielleicht gewohnt sind.

Christines Vorschlag zur Implementierung: Die Gruppe hat die Antworten 

Während meiner Beratung mit Kund:innen an der Entwicklung ihres Onboarding-Prozesses finde ich es äußerst hilfreich, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere jene, die erst kürzlich ihren eigenen ersten Arbeitstag erlebt haben, ihre Einblicke zur Verfügung stellen. Ausgehend von diesen Erinnerungen  reflektieren wir darüber, welche Emotionen wir nun bei neuen Kolleginnen und Kollegen hervorrufen möchten. Wir überlegen, wie wir unser Verhalten anpassen, damit es sich positiv auf die emotionale Befindlichkeit der neuen Kollegin auswirkt. Unser Ziel ist es, bedeutsame Momente zu schaffen, die die Identifikation mit dem Unternehmen stärken und lange in Erinnerung bleiben.

Hier sind einige hilfreiche Fragen für einen solchen Reflexionsworkshop zur Gestaltung eines Onboarding-Prozesses:

  • Welche Bedeutung haben die Begriffe „außergewöhnlich“ und „menschenzentriert“?
  • Wie soll sich eine neue Kollegin oder ein neuer Kollege am ersten Tag fühlen?
  • Wie haben sich bestehende Teammitglieder an ihrem ersten Tag gefühlt?
  • Welche konkreten Prozesse und Abläufe haben welche Emotionen ausgelöst?
  • Was würden Sie unternehmen, um zukünftigen Kolleginnen und Kollegen einen außergewöhnlichen Einstieg zu ermöglichen?

Qualitätsentwicklung mittels Feedback: 

Ein hilfreiches Werkzeug zur stetigen Qualitätsentwicklung sind standardisierte Mitarbeiter-Feedbackbögen, welche eine Rückmeldung über die Onboarding Erfahrung einholen. Diese Daten tragen zur stetigen Qualitätsentwicklung bei und dienen als Warnsignal, um vorzeitige Austritte zu verhindern.

2. Helfen Sie den Menschen das Gefühl zu gewinnen, dass ihre Entscheidung die Richtige war!

Cristophs Erfahrungen aus der Beratungspraxis: 

Aufgrund des Fachkräftemangels und den demographischen Entwicklungen, stellen wir zunehmend fest, wie wichtig es ist, bisherige Methoden und Aktivitäten der Arbeitskräfte Findung- und Bindung neu auszurichten. Wer heute neue, zum Unternehmen passende Mitarbeiter:innen gewinnen möchte, wird mehr Erfolg haben, wenn er seine Suche auf die sogenannten „passiven Arbeitskräfte“ ausweitet. Dabei handelt es sich um jene Menschen, die in einem festen Arbeitsverhältnis stehen, aber offen sind für neue Angebote.

Was gibt es diesbezüglich zu berücksichtigen?

Unserer Ansicht nach fällt die Entscheidung, eine sichere und gut bezahlte Stelle zu verlassen –  trotz unzufriedenstellender Führung, Kultur oder zwischenmenschlicher Beziehungen – nicht ganz leicht. Diese Personen verlassen vertrautes Terrain, um nach einer besseren Lebensqualität zu streben. Sie überwinden ihre Bedenken und wagen den Schritt in eine neue Umgebung, was sie jedoch auch verunsichern kann. Ohne es bewusst zu merken, möchten sie, nachdem sie den Schritt gewagt haben, die Bestätigung dafür erhalten, dass ihre Wahl die Richtige war.



Christines Vorschlag zur Implementierung: Kommunikation während der Zusage und dem ersten Arbeitstag intensivieren

Erinnern Sie sich an Ihre eigene berufliche Biografie: Wie haben Sie sich in der Zeitspanne zwischen der Zusage und dem ersten Arbeitstag gefühlt? Freude und Aufregung mischten sich mit Unsicherheit und Unbehagen. An dieser Stelle kann die zukünftige Arbeitgeberin oder der zukünftige Arbeitgeber einen großen Eindruck hinterlassen, indem sie oder er gezielt mit der kommenden Mitarbeiterin oder dem kommenden Mitarbeiter kommuniziert. Das Ziel besteht darin, in dieser Übergangsphase durch klare und transparente Kommunikation dafür zu sorgen, dass die neuen Kolleg:innen sich sicher fühlen, dass ihre Entscheidung richtig war.

Am ersten Arbeitstag wird die neue Mitarbeiterin oder der neue Mitarbeiter nicht nur willkommen geheißen, sondern erfährt von der HR-Abteilung, dass die neue Arbeitgeberin oder der neue Arbeitgeber Interesse an ihrer oder seiner beruflichen Weiterentwicklung hat. Dies stärkt erneut das Sicherheitsgefühl, da erkannt wird, dass die Position keine Einbahnstraße ist. Es werden Informationen darüber gegeben, dass diese Stelle der erste Schritt in eine langfristige Arbeitsbeziehung ist, die von Entwicklungsmöglichkeiten geprägt ist. Diese Aussicht auf Wachstum ist besonders für junge Mitarbeitende der Generation Z von Bedeutung und hat nachweislich positive Auswirkungen auf ihre Bindung an das Unternehmen.

Streben Sie nicht danach, einen einheitlichen Onboarding Prozess über alle Zielgruppen hinweg für das gesamte Unternehmen festzulegen, sondern lassen Sie Raum für Unterschiede zwischen den Abteilungen und Berufsfeldern. Individualität steht hier im Vordergrund.

Dennoch sollten Sie sich auf unternehmensweite Qualitätsstandards einigen, um möglichen Qualitätsunterschieden in den gemachten Erfahrungen vorzubeugen.

Vorbereitende Maßnahmen vor dem ersten Arbeitstag

  • Laden Sie die neue Kollegin oder den neuen Kollegen zu Mitarbeiteraktivitäten wie Festen, Ausflügen oder gemeinsamen Team-Mittagessen ein. 
  • Vernetzen Sie sich über geschäftliche Social-Media-Kanäle.
  • Arbeitsplatzgestaltung mit dem neuen Team-Mitglied und unternehmensintern besprechen
  • Arbeitsmittel noch vor dem 1. Arbeitstag bestellen und alles so einrichten, dass es einsetzbar ist vom ersten Tag weg
  • Eine Willkommensmappe vorbereiten
  • Den zukünftigen Mitarbeiter über den Ablauf des ersten Arbeitstages informieren, Was darf er sich an diesem besonderen Tag erwarten!
  • Stellen Sie relevante Ansprechpersonen und Kontaktmöglichkeiten vor.
  • Informieren Sie unternehmensintern die Mitarbeiter:innen, dass eine neue Kollegin, ein neuer Kollege am …. seinen ersten Arbeitstag hat 

3. Der erste Eindruck zählt, immer und immer wieder

Cristophs Erfahrungen aus der Beratungspraxis: 

Die wirkliche Bedeutung hinter diesem Praxistipp finden Sie selbst zu einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit in Ihren eigenen Erfahrungen. Erinnern Sie sich an die vergangenen angehenden Arbeitsverhältnisse in Ihrem Leben. Wie haben Sie die Zeit zwischen der Arbeitszusage und dem ersten Arbeitstag erlebt? Wie ist es dem Unternehmen gelungen, mit Ihnen in Kontakt zu bleiben, oder eben nicht?! Wie sehr wurden Sie auf den bevorstehenden Ankunftstag vorbereitet, immerhin ist das ein für beide Seiten entscheidender Moment of Truth.

Oder denken Sie nur einmal an die ersten Arbeitstage bei Ihren ehemaligen Arbeitgebern. Wie wurden Sie am ersten Arbeitstag empfangen und wahrgenommen? Wie haben Sie Ihren Arbeitsplatz vorgefunden? Bei all diesen Situationen dürfen Sie sich fragen, wie habe ich mich dabei gefühlt? Welchen Eindruck habe ich dadurch gewonnen?

Studien zufolge entscheiden die ersten 10 Sekunden darüber, wie wir eine Person einschätzen und wie wir eine Situation wahrnehmen und interpretieren. Aufgrund dessen ist es umso wichtiger, dass wir uns im Klaren sind, welchen ersten Eindruck wir vermitteln möchten, und wie wir unser Interesse zum Ausdruck bringen möchten. Die Gestaltung dieser Berührungspunkte erfordert eine sorgfältige Planung.

Das Besondere an einer durchdachten Employee Experience (EX) ist, dass wir mehr als eine Gelegenheit haben, einen positiven ersten Eindruck zu hinterlassen. Allerdings birgt dies auch die Gefahr, dass sich negative Eindrücke wiederholen, wenn wir nicht auf die einzelnen Berührungspunkte mit Talenten achten und insbesondere während der „Kennenlernphase“ bis hin zur „Ausscheidungsphase“ (Recruiting, Onboarding, Retention, Offboarding) die Erlebniswelten der Mitarbeiter:innen mitbedenken.

Christines Vorschlag zur Implementierung: (Jeder) Moment kann bedeutsam sein

Gemäß Jacob Morgen ist die Employee Experience, wie sie bisher verstanden wurde, auf die Betrachtung der Mitarbeitenden aus der Perspektive ihrer reinen Nützlichkeit, Produktivität und im weiteren Sinne ihres Engagements beschränkt. Der Mitarbeitende wird dabei als eine humane Ressource betrachtet.

Dank der zuvor erwähnten Veränderungen in Gesellschaft und Arbeitsmarkt haben wir heute die Möglichkeit, uns von dieser reinen Ressourcenperspektive zu lösen und die Mitarbeitenden mit ihren individuellen Anliegen und Bedürfnissen in den Mittelpunkt zu stellen.

Aus diesem Grund bin ich eine überzeugte Verfechterin des Employee Experience (EX) Ansatzes! Die Arbeit mit dieser Methode ermöglicht es uns als Changemaker und Prozessgestalter, das Arbeitsleben so zu gestalten, dass Mitarbeitende

  • Mitspracherecht haben
  • Ihre Bedürfnisse einbringen können
  • Ihr Innovationspotenzial entfalten
  • Ihre Handlungsspielräume erweitern können

Employee Experience ist kein Projekt, das irgendwann abgeschlossen wird, sondern ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess, der Mensch, Organisation und Technologie einbezieht.

4. Schenken Sie Team-Mitgliedern das Gefühl, gehört zu werden – die neue Rolle als Führungskraft

Cristophs Erfahrungen aus der Beratungspraxis: 

Über die letzten Beratungsjahre hinweg, lässt sich ein Trend ganz klar erkennen. Führungskräfte, die zukünftige Mitarbeiter:innen bereits während des Bewerbungsprozesses, aller spätestens jedoch nach einer positiven Arbeitszusage, das Gefühl geben, gehört zu werden, erhöhen die Bindung um ein Vielfaches. Deshalb ist die Frage: “Wie können wir Aufmerksamkeit den Menschen gegenüber zum Ausdruck bringen?” zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil im Kampf um Talente geworden.

Wie können wir nun anderen Menschen das Gefühl geben, gehört zu werden? Indem wir lernen, eine neue, bewusst gewählte Rolle als Führungskraft einzunehmen. Eine Figur, die es ermöglicht, den Fokus von sich zu nehmen und darüber nachzudenken, was neue Team-Mitglieder benötigen, um noch mehr Klarheit, Orientierung und Sicherheit zu bekommen.

Immer noch in zu vielen Betrieben, erleben wir, welche Auswirkungen das Verhalten von Führungskräften haben kann, die sich in einem Teufelskreis befinden, der aus Druck, Kontrolle und dem Sperren von Social Media am Arbeitsplatz besteht. Diese Wahrnehmung geht in vielen Fällen mit einem negativen Menschenbild und einer nicht  mehr zeitgemäßen Ansicht über die Rolle und Aufgabe einer Führungskraft einher. Sie gehen davon aus, dass der Mensch von Natur aus faul ist und versucht, der Arbeit, so gut es geht, aus dem Weg zu gehen. Prinzipiell kann er von außen motiviert werden, indem man ihn durch Maßnahmen belohnt oder ihn sanktioniert. Meiner eigenen Erfahrung nach, hindert uns dieses von falschen Vorurteilen geprägte Bild daran, den wahren Menschen hinter einer Maske zu sehen und Interesse an meinem Gegenüber zum Ausdruck zu bringen. 

An dieser Stelle möchten wir anhand eines Best Practice Beispiels zeigen, dass sich die Rolle von Führungskräften wandelt. Vermehrt geht es darum, Empathie und Mitgefühl zu zeigen, echtes Interesse am Gegenüber zu haben und durch Fragen zur Selbstlösung von Herausforderungen beizutragen. Reed Hastings, der Gründer von Netflix, drückt diese Transformation so aus: “Führungskräfte im heutigen Zeitalter können nicht mehr alles wissen.“ Ihre neue Aufgabe ist es, das Finden von Antworten zu organisieren. Sie befehlen nicht, sondern hören zu.

Um diese neue Rolle und Aufgabe lebendig zu machen, ist ein neues, bewusst gewähltes und vor allem positives Menschenbild von grundlegender Bedeutung. McGregors Theorie Y kann hier als gutes Beispiel herangezogen werden: Sie geht davon aus, dass der Mensch ehrgeizig ist und sich zur Erreichung sinnvoller Zielsetzungen bereitwillig Selbstdisziplin auferlegt. Er sieht Arbeit als Quelle der Zufriedenheit und hat Freude an seiner Leistung. Auch Verantwortungsbewusstsein und Kreativität prägen dieses Menschenbild.

Zuhören bedeutet, anderen Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken, Ihnen das Gefühl zu geben, wichtig zu sein und gehört zu werden.

Christines Vorschlag zur Implementierung: Führung bedeutet Klarheit

Ein zentraler Höhepunkt am ersten Arbeitstag ist zweifellos das Treffen mit der verantwortlichen Führungsperson. In diesem Gespräch wird ein essenzieller Konsens über Werte etabliert, der weitreichende Auswirkungen auf die Mitarbeitenden hat. Die zukünftige Beziehung zwischen Führungskraft und Teammitglied wird hier geformt. Dieses Gespräch bietet beiden Seiten die Gelegenheit, den Führungsstil, die Erwartungen und die messbaren Leistungen zu klären.

Was neue Mitarbeiter:innen am ersten Tag von Ihrer Führungskraft erfahren sollten

  • Erklären Sie dem Mitarbeitenden, wie Feedback gegeben und empfangen wird. 
  • Erläutern Sie ihm oder ihr, wie Leistung gemessen wird (am besten anhand von Beispielen).
  • Erfragen Sie positive und negative Erfahrungen des Mitarbeitenden beim vorherigen Arbeitgeber in Bezug auf Teamführung und Leistungsbewertung. 
  • Fragen Sie nach besonderen Lebensumständen (wie familiäre Verpflichtungen, Anreisewege zum Arbeitsplatz, Hobbys und persönliche Talente) und zeigen Sie Interesse!

Übung: Klarheit über die eigenen Überzeugungen als Führungskraft gewinnen

  • Wie ist mein Menschenbild, wenn ich an mich selbst denke?
  • Wie ist mein Menschenbild, wenn ich an meine MA denke?
  • Wo übe ich Kontrolle aus? Was sind die Auslöser dafür?

Tipp für das Onboarding:

Eine Überlegung, die sich stellt, ist, wie wir die Bewerberinnen und Bewerber darauf vorbereiten können? Ein Informationsblatt über die Führungskraft (Teil des Onboardings – Was erwartet dich am ersten Arbeitstag) könnte helfen. 

Vorschlag für Führungskräfte: Erstellen eines Steckbriefs, der die eigenen Überzeugungen als Führungskraft kommuniziert.

Nehmen Sie sich im Vorfeld des Gesprächs mit dem neuen Mitarbeiter:innen Zeit, um Antworten auf nachfolgende Fragen zu artikulieren:

  • Diese drei Begriffe beschreiben meinen Führungsstil:
  • Diese Werte sind mir als Führungskraft wichtig:          
  • Beim Feedback Geben möchte ich folgendes bei meinem Gegenüber bewirken: 
  • Beim Feedback Nehmen lege ich Wert auf:   
  • Als Vorgesetzter können sich meine Teammitglieder in Bezug auf _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ auf mich verlassen.

Abschließende Worte

Liebe Leserin, lieber Leser! Wir hoffen, dass wir Ihnen mit unseren Tipps und Einsichten eine gute Basis für die Gestaltung der Willkommens Erlebnisse neuer Kolleginnen und Kollegen in Ihrem Unternehmen gegeben haben. Wenn Sie sich erstmals in dieser Form mit dieser Thematik auseinandersetzen, schlagen wir vor, dass Sie bei einer Analyse Ihrer Candidate Journey anfangen. Als zweiten Schritt empfehlen wir diesen Prozess unter Berücksichtigung der von uns genannten Tipps neu zu definieren und auf jeden Fall betroffene Mitarbeiter:innen in diese Arbeit miteinbeziehen.

Was möchten wir als Berater in diesem Bereich bewegen? Wir sind uns einig, dass wir die Veränderungen der Arbeitswelt als positive Wende wahrnehmen, damit die nächsten Generationen ihren Fußabdruck hinterlassen können.

Wir möchten die Arbeitswelt menschlicher gestalten!



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